Thomas Gronenthal DBF008

Exklusivinterview mit Thomas Gronenthal zur DBF008

Kürzlich reisten wir nach Deutschland und hatten die Gelegenheit, ausführlich mit Thomas Gronenthal, Uhrenkenner, Aficionádo und Blogger, ins Gespräch zu kommen. Daraus entwickelte sich ein facettenreiches Interview über seine Begeisterung für Zeitmesser sowie seine Sicht auf die Uhren und Uhrwerke von DuBois et fils. Natürlich wollten wir auch wissen, was er von unserer neusten Kollektion DBF008 hält.

Alle Fragen und Antworten gibt es hier:

  1. Der Blogger über seine Begeisterung für Uhren
  2. Die historischen Uhrwerke und das Kaliber AS-1985
  3. Die DBF008 und was sie beim Uhrenkenner auslöst
  4. Seine besonderen Momente mit DuBois et fils

Der Blogger über seine Begeisterung für Uhren

DuBois et fils: Du bist Uhrenliebhaber und -kenner, schreibst als Journalist über Uhren, führst seit 2015 den watchthusiast.de – mit welcher Art von Uhren befasst du dich?

Thomas Gronenthal: Eigentlich mit allen – mit Quarzuhren allerdings eher selten. Meine besondere Liebe gilt älteren Uhren, die sich jeweils durch besondere Uhrwerke auszeichnen. Während heutzutage sehr ähnliche Uhrwerkskonzepte dominieren – von ETA über Selitta bis zu Kenissi und LaJoux-Perret – haben die Werke von Schild, Felsa, Peseux und vielen alten Herstellern ihren besonderen Reiz. Meist merkt man den Uhrwerken an, dass der After-Sales-Service eine wichtige Rolle in der Entwicklung gespielt hat. Bei neueren Uhrwerken ist oft wie bspw. bei Marken der Swatchgroup kein Service des einzelnen Uhrwerks mehr vorgesehen – sie werden schlicht ausgetauscht. Das finde ich schade. Trotzdem gebe ich jeder Uhr eine faire Chance – auch wenn der Antrieb von der Stange kommen mag...

Welchen Unterschied macht es, ob du dich mit Quarzuhren oder mechanischen Zeitmessern befasst?

Thomas Gronenthal: Die Seele macht den Unterschied. Mechanik arbeitet immer individuell, jedes Werk hat seine eigenen Merkmale und Vitalwerte. Den Zustand eines ETA 2824-2 kann ich mittlerweile per Gehör bestimmen, so gut kenne ich diese Werke. Bei Quarzuhren ist zwar auch Mechanik enthalten, aber der Impuls kommt aus einer Batterie bzw. einem Schwingquarz und dann einer Spule. Das hat weniger Charme.

Und eines faszinierte mich schon als Grundschüler: Das flüssige Gleiten eines Sekundenzeigers einer mechanischen Uhr. Je nach Frequenz sind die Schritte so klein, dass sie kaum auszumachen sind. Das liebe ich sehr an mechanischen Uhren.

Du kennst inzwischen zahlreiche Marken, nimmst Uhren auseinander, baust sie zusammen und kreierst auch eigene Modelle. Was macht der Reiz für dich aus? Was fasziniert dich nach all den Jahren noch immer an Uhren?

Thomas Gronenthal: Der Reiz.... Jede Uhr hat ihren Reiz, denn hinter jeder Uhr steht eine Geschichte, ein Mensch, ein Designer, der sich mehr oder weniger Mühe gegeben hat – und ebenso ein Ingenieur oder Uhrmacher, der sich ebenfalls mehr oder weniger ins Zeug gelegt hat.

Als meine Sammlung immer grösser wurde, sagte ich scherzhaft, dass ich nach der perfekten Uhr suche und sie bisher eben nicht gefunden habe. Das stimmt sogar etwas, denn sogar Uhren, die ich selbst baue – meist Einzelstücke mit Skelettierungen oder Zifferblättern aus bestimmten Materialien, die normal nichts in einer Uhr zu suchen haben – erfüllen nicht alle Kriterien. Aber schön sind sie alle – und immer wieder fasziniert es mich, wenn ich ein Uhrwerk zusammenbaue, die Unruh einsetze und das erste Mal Spannung auf die Zugfeder gebe. Dann beginnt die Uhr zu ticken, und die Sonne geht auf – manchmal sogar mitten in der Nacht, da das meine üblichen Werkstattstunden sind.

Ich vermute und hoffe, dieser Reiz wird niemals weniger werden.

Worauf achtest du als erstes, wenn du eine Uhr siehst?

Thomas Gronenthal: Auf alles, was ich gleichzeitig aufnehmen kann. Nach all den Jahren ist der Blick sehr fokussiert und wird durch die Haptik unterstützt. Ich nehme eine neue Uhr in die Hand, fühle die Formen mit den Fingerspitzen und kann danach sehr genau sagen, wie und mit welchem Aufwand das Gehäuse gefertigt wurde. Dann achte ich auf Details wie die Länge der Zeiger – es ist erstaunlich, wie viele Hersteller hier entscheidende Millimeter auslassen. Die Verarbeitung des Zifferblatts und der Zeiger – hier zeigt sich, was eine Uhrenmarke wirklich will: Money for nothing, oder value for money. Diese Details fallen aber meist nur dem geschulten Auge auf – und sind mit blossem Auge auch nur schlecht zu sehen.

Die historischen Uhrwerke und das Kaliber AS-1985

DuBois et fils: DuBois et fils verfügt über eine Sammlung an original historischen Uhrwerken. Du bist einer der wenigen Personen, die sie/Teile davon bereits gesehen hat. Was macht die Stücke so aussergewöhnlich oder auch wertvoll?

Thomas Gronenthal: Alle diese Uhrwerke stammen aus einer Zeit, in der CAD-Konstruktionen – also mit Computerhilfe entwickelte technische Bauteile – noch nicht möglich waren. Erst mit dem Valjoux 7750, das 1974 vorgestellt wurde, begannen Computer in der Konstruktion eine wesentliche Rolle in der Industrie zu spielen. Diese historischen Uhrwerke sind aber von Hand konstruiert – über Skizzen bis zu Prototypen, ohne Berechnungen aus dem Computer. Damals dauerte die Entwicklung entsprechend länger, aber die Uhrwerke waren kugelsicher. Hervorragende Gangwerte, lange Wartungsintervalle und absolute Alltagstauglichkeit standen damals im Anforderungskatalog – keine Spielerein, die heute so gerne als hohe Uhrmacherkunst verkauft werden.

Automatikwerke werden heute auch neu produziert. Können sie mit ihren historischen Vorbildern mithalten? Was spricht dafür, neue Uhren mit historischen Uhrwerken anzufertigen?

Thomas Gronenthal: Das erstaunliche ist ja, dass eine Mehrheit der heute produzierten Uhrwerke eigentlich historische Konstruktionen sind. Werke von ETA wie das 2892-A2, das 7750 oder das 2824-2 sind Konstruktionen aus Anfang der 1970er-Jahre. Manche davon haben noch längere Geschichte – die Mehrzahl der ETA-Kaliber geht noch auf die Zeiten von Eterna, Peseux, Unitas und Valjoux zurück. Selbst moderne Entwicklungen wie die ETA Powermatic-Werke mit 80 Stunden Gangreserve sind nichts als ein altes Eterna-Konstrukt, das wie ein in die Jahre gekommener VW Golf mit zahlreichen Details getunt worden ist. Etwas wirklich Neues ist es nicht.

Daher sind historische Uhrwerke, auch von Herstellern, die nicht mehr existieren, eine ernste Alternative. Sie sind technisch meist dem modernen ebenbürtig, manche sogar auf die Nutzungsdauer gerechnet deutlich überlegen. Ein solide schwingendes AS-Werk mit 21.600 A/h oder das Felsa 4007N werden immer länger leben als ein nervöser Schnellschwinger mit 28.800 A/h oder mehr.

Bei einer neuen Uhr mit historischem Herz sehe ich besonders den Reiz der natürlichen Limitierung, zudem besitzt man ein Stück echter Geschichte, die damals in der Quarzkrise zu Teilen unterging – und sicher ist eine solche Uhr die nachhaltigste Methode, sich die Zeit anzeigen zu lassen. Denn neben einer langen Nutzungsdauer mussten auch für die Produktion des Werkes keine Ressourcen mehr aufgebraucht werden. Wichtig ist die problemlos mögliche und langfristige Versorgung mit Ersatzteilen, die im Fall von DuBois et fils über Generationen gegeben ist.

Schauen wir uns das Kaliber AS-1985 genauer an. Wir verbauen 330 dieser Uhrwerke in eine komplett neue Kollektion. Was fällt dir am Werk auf?

Thomas Gronenthal: Die Uhrwerke von AS unterscheiden sich deutlich von Konstruktionen wie den ETA-Eterna-Werken. Zwar hat auch AS hier einen zentralen Rotor, trotzdem ist das Uhrwerk sehr intelligent in einzelne Baugruppen unterteilt. Das erleichtert den SAV (den Service nach dem Verkauf) extrem – denn eine Uhrmacherin muss beispielsweise bei einem Problem an der Zugfeder nur eine Brücke lösen und kann das Federhaus komplett entnehmen. Bei einem ETA- oder Selitta-Werk muss der Rotor gelöst werden, die Automatik-Brücke und die Federhausbrücke. Daran sieht man: Bei AS haben damals die Ingenieure wie Uhrmacher gedacht.

Hinzu kommt ein recht effizienter Aufzug, der über Jahre gut arbeitet. Gerade für Menschen, die viel im Beruf sitzen, ist das ein Thema. Und ein besonderes Gimmick ist die schnellschaltende Datumsanzeige, die DuBois et fils mit einem Drücker in der Krone mehr als perfekt integriert hat. Dazu muss gesagt werden, dass in den 1960er-Jahren wenige Uhren eine echte Schnellverstellung des Datums hatten – denn die Uhren waren zum Tragen tagaus, tagein gebaut, nicht zum Sammeln. Daher ist das Feature damals etwas Besonderes gewesen – und heute auch noch in dieser Form des Kronendrückers!

Das Kaliber AS-1985 wurde in den frühen 1960er-Jahren in der A. Schild SA in Grenchen gebaut. Eine bemerkenswerte Ära der Schweizer Uhrenindustrie. Was fällt dir ein oder auf, wenn du an jene Zeit denkst?

Thomas Gronenthal: Bemerkenswert und traurig zugleich. Einerseits waren die 1960er-Jahre eine Blütezeit der Schweizer Uhrenindustrie: Es gab eine Vielzahl Hersteller, sowohl ganze Uhren wie auch nur Uhrwerke, und die Technik war weit fortgeschritten. Das hat sich an den Materialien gezeigt wie der Verarbeitung – und den immer moderner werdenden Produktionsanlagen. Uhrwerke aus der damaligen Zeit lassen sich herrlich warten – nach dem Zerlegen und Reinigen fallen sie nahezu von selbst wieder zusammen.

Auf der anderen Seite war die Branche in einer beginnenden Krise, die sich dann in den 1970ern verschärfen sollte und zum Niedergang vieler Betriebe führte. Und manch Hersteller von Uhren wie Uhrwerken entschied sich in den 70ern zu deutlichen Einschränkungen in der Qualität – aufgrund der Konkurrenz aus Japan, die mit preisgünstigen Quarzuhren den Markt gründlich auf den Kopf stellten.

Ich bin froh, dass die Branche die Krise überlebt hat – und zumindest noch rechtzeitig unter der Leitung von Ernst Thomke und mit fähigen Ingenieuren wie Elmar Mock die Swatch erfunden hat. Letztlich hat diese Uhr einen Grossteil der Zeche dafür bezahlt, dass eine Vielzahl von Marken und Zulieferbetrieben heute noch leben. Dass dabei ein Industrie-Monster in Form der Swatchgroup entstanden ist, steht gleichzeitig als Vor- und Nachteil....

Die DBF008 und was sie beim Uhrenkenner auslöst

DuBois et fils: Du kennst die DBF008. Was löst sie in dir aus?

Die DBF008 ist eine faszinierende Uhr. Sie zu berühren löst wirkliche Freude aus – das Gehäuse ist eine Kunst und in jeder Ecke sorgfältig bearbeitet. Das findet man selten. Die gelöteten Bandanstösse sind dabei ein wichtiges Merkmal, denn sie erlauben einen Grad der Feinbearbeitung an diesen Stellen, die sonst schlicht nicht möglich wäre.

Welche Elemente gewinnen deine Aufmerksamkeit oder faszinieren dich an der DBF008? Weshalb?

Thomas Gronenthal: Ein Gehäuse wie dieses ist grosse Kunst. Eine solche Makellosigkeit an Stellen, die das Auge kaum sieht, ist heute sehr selten geworden. Das Design fasziniert mich ebenso – die Formsprache, die klassisch ist, aber einen modernen Durchmesser hat, und damit ideal zum Tragen ist.

Auch die Zifferblätter und Zeigersätze verdienen Aufmerksamkeit. In der Industrie gibt es Luxushersteller, bei denen Zifferblätter einmal, maximal zwei- bis dreimal lackiert werden. Bei der DBF008 sind es je nach Modell mehr als ein Dutzend Schichten, die einzeln aufgebracht werden. Diese Tiefe ist sichtbar und bietet zusammen mit den aufgesetzten Indizes einen immensen optischen Effekt. Wenn man sich dabei erwischt, die Zeit nicht aus Zweck, sondern aus Lust am Blick abzulesen, hat ein Hersteller viel richtig gemacht.

Besonders finde ich zudem die Datums-Schnellverstellung über den Drücker. Ich habe mich dabei ertappt, bei den Prototypen mindestens einmal am Tag einen ganzen Monat durchzuflippen – aus Spass daran, wie exakt und knackig diese Funktion die Datumsscheibe umspringen lässt. Das sollte natürlich kein Dauerzustand werden – bei einem Sportwagen baut man immerhin auch nicht täglich die Zündkerzen aus – aber in der Kennenlernphase mit der Uhr macht es Freude.

Die besonderen Momente des Uhrenaficionádo mit DuBois et fils

DuBois et fils: Seit wann kennst du DuBois et fils?

Thomas Gronenthal: Ich kenne DuBois et fils seit den 1990er-Jahren als Marke, die damals in Deutschland sass und Schweizer Uhren meist über Magazinbeilagen verkaufte. Neben gängigen ETA-Werken gab es damals auch schon kleinere Auflagen mit einigen wenigen historischen Uhrwerken. Das fand ich faszinierend.

Dass ich dann 2010 Thomas Steinemann kennenlernte, kurz nachdem er DuBois et fils übernommen hatte, verdanke ich dem Chef von Chrono24, Tim Stracke. Er hat uns damals bekannt gemacht, und seitdem komme ich von der Marke DuBois et fils nicht mehr los. Mit Fug und Recht kann ich bis heute sagen: Danke, Tim!

Welchen besonderen Moment hattest du mit DuBois et fils oder unseren Uhren und Werken? 

Thomas Gronenthal: Da gab es über die Jahre mehrere. Zum einen das Kennenlernen damals – denn Thomas Steinemann hatte die Absicht, ein Crowd-Investment in der Uhrenbranche zu machen. Das war lange vor Kickstarter und anderen Portalen etwas sehr Neues. Niemand konnte absehen, welchen Erfolg es haben würde. Pessimisten gab es zur Genüge!

Der Erfolg war indes gross. Ich erinnere mich an die ersten Aktionärsversammlungen, bei denen sich sozusagen ein Fan-Club einer Uhrenmarke traf und bis heute wächst. Wo kann man so etwas sonst erleben?

Die Verknüpfung der historischen Uhrwerke mit DuBois et fils war ein weiterer Meilenstein, der mit viel Arbeit, vielen Besuchen im Schweizer Jura und noch mehr Gesprächen, Listen wälzen, und Sortierarbeit einherging.

Der Schritt, Uhren und Uhrwerke in die Blockchain zu bringen, ist ebenfalls aussergewöhnlich. Diese Innovation bietet nicht nur Schutz für ein hochwertiges Produkt, sondern bringt auch die klassische Ware Uhr in die Digitalwelt.

Und letztlich ist der Weg zu jedem neuen Modell wieder ein Meilenstein. Es beginnt mit einer Idee – wie bei der DBF008 mit einer eleganten Uhr. Dann beginnt das Projekt zu wachsen – wie könnte sie aussehen, was können wir anders machen, und welches Werk passt dazu. Ich freue mich, dass ich daran teilhaben kann – bis zu dem Moment, wo die Uhr das erste Mal auf dem Tisch liegt. Das ist immer wieder ein herrlicher Augenblick!

Danke für die Zeit, die du dir genommen hast!

Thomas Gronenthal: Mit Vergnügen!

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